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Beckerath-Orgel

Die Rudolf von Beckerath-Orgel der Nikolaikirche Alzey
(gebaut 1976 für das Kloster Knechtsteden/Dormagen, seit 1997 in der Nikolaikirche Alzey)

Pedal
Prinzipal 16´
Oktave 8´
Spielflöte 8´
Tenoroktave 4´
Weitflöte 2´
Hintersatz 4f 2 2/3´
Posaune 16´
Trompete 8´
HW-Ped.
BW-Ped.
SW-Ped.
Hauptwerk (II. Manual)
Gedackt 16´
Prinzipal 8´
Spitzflöte 8´
Oktave 4´
Koppelflöte 4´
Oktave 2´
Cornett 5fach
Mixtur 5fach 1 1/3´
Cymbel 3fach ½´
Trompete 8´
SW-HW
BW-HW
Schwellwerk (III. Manual)
Rohrflöte 8´
Gamba 8´
Voix celeste 8´
Prinzipal 4´
Flute traversière 4´
Nasard 2 2/3´
Schweizerpfeife 2´
Terz 1 3/5´
Oktävlein 1´
Mixtur 5fach 2´
Englisch Horn 16´
Hautbois 8´
Clairon 4´
Brustwerk (I. Manual, schwellbar)
Holzgedackt 8´
Quintadena 8´
Blockflöte 4´
Prinzipal 2´
Quintlein 1 1/3´
None 8/9´
Sesquialtera 2fach
Scharf 4fach 1´
Regal 16´
Krummhorn 8´
SW-HW
Tremolo SW
Tremolo BW
Umfänge: Pedal C – g´
Manuale: C – g´´´
Zimbelstern
Mechanische Spiel- und elektrische Registertraktur
10.000 freie Kombinationen


Die Rudolf von Beckerath- Orgel der Klosterkirche Knechtsteden

von Hartmut Müller

Am 7. Oktober 1970 konstituierte sich der „Orgelbauverein Klosterkirche Knechtsteden e.V.“ Sein Ziel war es, „ein der kulturhistorischen Bedeutung der Klosterkirche entsprechendes Orgelwerk zu erstellen, das neben liturgischen Zwecken auch den Erfordernissen konzertanter Musik gerecht wird.“[1] Mit großer Beharrlichkeit und Einfallsreichtum brachte der Verein innerhalb von sechs Jahren die erforderlichen Mittel für den Bau einer großen Orgel auf. Am 27. August 1973 beschloss der Vorstand des Vereins, die Orgelbauwerkstatt Rudolf von Beckerath mit dem Vorhaben zu beauftragen. Bis zur Aufstellung der Orgel waren viele Detailfragen zu klären. Sie reichten von der äußeren Gestaltung der Orgel bis hin zu ihrem Standort in der unter Denkmalschutz stehenden romanischen Basilika. Hier wurde nach zähem Ringen der verschiedenen Institutionen ein Kompromiss gefunden: „Demnach sollte das Pedalwerk der Orgel zum Teil aus der Hauptorgel herausgenommen werden und in einem eigenen Schrank an die Giebelwand des nördlichen Querhauses angebracht werden. Dadurch erreichte man einen weniger großen Umfang der Hauptorgel; diese sollte dann als ein schlanker 10 Meter hoher Turm ausgebildet werden, der bis an die Fluchtlinie der Außenmauer des nördlichen Seitenschiffes vorgezogen und um etwa 36 Grad zum Mittelschiff hin gedreht werden sollte.“[2]

Mit der Gehäusegestaltung wurde der Kölner Bildhauer Sepp Hürten beauftragt, der auch die die Beichtstühle der Basilika gestaltet hatte.

Der Künstler ließ sich dabei von folgenden Gedanken leiten lassen: „(…) In der Basilika sind Säulen und Kapitelle beherrschende Bauelemente. Diese sollen sich auch in der Orgel wiederfinden. Acht aufstrebende Säulenpaare sind von beschnitzten Kapitellen unterbrochen. Das Gehäuse hat seine Bekrönung in neun Engelsgestalten, welche die neun Engelschöre der Heiligen Schrift darstellen.

Um den farblichen Kontrast zwischen Mauerwerk und Orgel nicht zu groß erscheinen zu lassen, habe ich ein abgetöntes Weiß gewählt. Man muß sich den Raum frisch gekälkt vorstellen. Wäre hier Naturholz (Eiche) verwendet worden, das nach Jahren immer mehr nachdunkelt, so hätte die Orgel zu massiv und zu schwer im Raum gestanden. Wie bekannt ist, wirkt ein heller Körper leichter als ein dunkler.

Die vergoldeten Teile gliedern das Gehäuse auf und weisen so auf die Vergoldungen am Altarkreuz und am Tabernakel hin.“[3]

Das Gehäuse der Orgel wurde in der Klosterwerkstatt Knechtsteden hergestellt. Am 12. Dezember 1976 erfolgte die feierliche Einweihung. Rudolf von Beckerath konnte diesen Tag nicht mehr miterleben. Er war am 22. November 1976 verstorben. Die Orgel für Knechtsteden ist sein letztes Instrument und damit für sein Werk von besonderer Bedeutung.

Nach nur zwölf Jahren wurde die Orgel 1988 abgebaut und im Kreuzgang des Klosters eingelagert. Die offizielle Begründung dafür waren statische Probleme der Basilika, aber es scheint so gewesen zu sein, dass sich die Klostergemeinschaft nie ganz mit dem Instrument hat anfreunden können. In der Verkaufsannonce hieß es: „Das nach den alten Werksprinzipien gebaute Instrument fand in der Fachwelt große Beachtung und Anerkennung und führte viele bedeutende Organisten aus ganz Europa nach Knechtsteden. Trotzdem war nie das Problem übersehen worden, ein so großes, konzertanten Ansprüchen genügendes Instrument mit seinen 41 Registern, in einen romanischen Kirchenraum einzubinden.“[4]

 

Kauf und Aufstellung in Alzey [5]

Die seit 1956 in der Nikolaikirche stehende Oberlinger-Orgel war mit den Jahren immer störanfälliger geworden. Nachdem die Kirchengemeinde immer wieder hohe Beträge in das Instrument investiert hatte, stand man Anfang der 1990er Jahre vor der Aufgabe, eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Instruments zu treffen.

Bei einer Fahrt nach Norddeutschland wurde das Alzeyer Gemeindemitglied Andreas Stavenhagen auf die eingelagerte Beckerath-Orgel aufmerksam. Auch wenn man sich in der Kirchengemeinde eigentlich nicht vorstellen konnte, eine gebrauchte Orgel zu erwerben, forderte Kantor Hanns-Peter Springer Sommer 1996 Informationen über das Instrument an. Dabei stellte sich heraus, dass die Orgel, falls sie bis Ende 1996 nicht verkauft werden würde, einer Nachbargemeinde des Klosters versprochen war. Es war relativ schnell klar, dass die Orgel nahezu ideal im nördlichen Seitenschiff der Nikolaikirche in Altarnähe aufgestellt werden könnte. Der Kaufpreis betrug – nach Verhandlungen durch den damaligen Kirchenvorstandsvorsitzenden Pfarrer Wilhelm Resch mit dem Kloster Knechtsteden – 280.000 DM. Dazu kamen Kosten für Transport und Aufstellung in Höhe von 331.372,50 DM.

Nach einem Ortstermin am 7. Oktober 1996 in der Nikolaikirche wurde am 7. November 1996 durch den Kirchenvorstand kurzerhand der Kauf der Orgel beschlossen.

Zur Kostenreduzierung übernahmen ehrenamtliche Helfer den Transport der eingelagerten Orgel von Knechtsteden nach Alzey. Zur finanziellen Unterstützung wurde der Verein „Freunde der von-Beckerath-Orgel Alzey“ gegründet. Viele Gemeindegruppen unterstützen das Projekt finanziell, auch von Privatpersonen, Banken und anderen Institutionen gingen zahlreiche Spenden ein.

Am 2. Juni 1997 begann der Orgelaufbau in der Nikolaikirche.

Am 30. November 1997 wurde die Orgel zu Beginn einer kirchenmusikalischen Festwoche feierlich in Dienst gestellt. Das erste Konzert spielte Christoph Grohmann aus Detmold.

Kauf und Aufstellung der Orgel kosteten letztendlich 686.344,06 DM.

Seit 2008 verfügt sie über eine Setzeranlage mit 10.000 freien Kombinationen.

Im Zuge der Neugestaltung der Nikolaikirche wurde sie Ende Februar 2018 eingehaust. 2020 erfolgte eine Reinigung und Überholung durch die Firma Seifert/Kevelaer.

Die Oberlinger-Orgel wurde im Mai1999 an eine katholische Kirchengemeinde in Krakau verkauft und Ende September 1999 abgebaut. Sie tut seitdem dort – nach einer Umarbeitung und Renovierung -  ihren Dienst.


[1] Die Beckerath-Orgel in Knechtsteden, Festschrift zur Einweihung am 12. Dezember 1976, S. 23

[2] Die Beckerath-Orgel in Knechtsteden, Festschrift zur Einweihung am 12. Dezember 1976, S. 28

[3] a.a.O. S. 35

[4] Orgelakte Alzey

[5] Dieser Abschnitt stützt sich neben der Orgelakte der Ev. Kirchengemeinde Alzey auf den Artikel „Die von Beckerath-Orgel in Alzey – Eine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte“ in der Festschrift zur Einweihung vom 30. November 1997, S. 17ff

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